So viele Geschichten des Überlebens
Fünfte Etappe: Esslingen
Wenn wir ein Buch über die Buchtour schreiben würden, dann würden wir es nicht wagen, die einzelnen Erfahrungen, die wir gemacht haben zu erfinden. Hier sind ein paar Schnappschüsse aus Esslingen in Schwaben. Hier sprechen die Leute einen Dialekt, der fast wie eine Fremdsprache klingt.
Die Frauen der Kirchengemainde kochen
Unser Freundinnen Sherry Green und Gael Chandler—die und mit Isolde Haug Schoenhaar, unserer wunderbaren deutschen Lektorin, bekannt gemacht hatten, begleiteten uns auf einem Teil der Buchtour. Iso und ihre Famile wohnen in Esslingen und eine Veranstaltung der Tour war in Isos Kirche. Gael und Sherry trugen die witzigen „Rock Band“ T-Shirts, die ich für sie hatte anfertigen lassen.
Iso hatte uns gesagt, dass die Kirchengemeinde normalerweise die Anwesenden einer Veranstaltung bewirtet. Die Gemeinde hatte beschlossen, dem Buch gemäß jüdische Speisen zu servieren. Deshalb gab es Latkes (jüdische Kartoffelpuffer), Challabrot und Sufganiyot (Ölkuchen mit Marmeladenfüllung). Zum Nachtisch gab es dann einen herrlichen Zitronenkuchen. Möglicherweise gab es da nochetwas aber ich war zubeschäftigt, alles zu probieren.
Es floß viel Wein und Sekt. Wir trinken keinen Alkohol vor einer Veranstaltung. Nachden alles vorüber war, wollte niemand fortgehen und so konnten wir dann doch noch ein paar Gläser heben.
Alles war köstlich, vielleich aber nicht gerade das, was Juden normalerweise erwarten: Jüdische Kostbarkeiten mit einem schwäbischen Akzent.
Eine andere Sarah
Als wir ganz zu Beginn die Lesereise planten, war noch nicht daran zu denken, dass ich in der Lage sein würde, auf einer Bühne zu stehen und meine Teile auf deutsch zu lesen. Iso hatte also geplant eine Dame, die Bühnenerfahrung hat, die Teile in Sahras Stimme lesen zu lassen.Corinna Krebs-Haeberlein machte eine dramatische Lesung, die eine neue emotionale Tiefe hatte. Für mich war das ein „ außerhalb des Körpers“Gefühl, jemanden zu hören der mit meiner Stimme spricht.
Sherry Green erklärt jüdische Gebräuche und Rudi übersetzt
Für mich kam der beste Teil des Abends nachdem Friedrich Edelmann und Rebeccah Rust zuende gepielt hatten. Rudi und Sherry, eine geachtete pensionierte Raumfahrt Wissenschaftlerin, erklärte was wir gegessen hatten. Rudi hat ins Deutsche gedolmetscht und wie ich ihn kenne hat er wohl seine eigenen Gedanken hineinschlüpfen lassen. Vorgestellt als „Frau Doktor Green“, beschrieb sie das Wunder der Öllampe zum Chanukkah-Fest und der Tradition Challah Brot am Sabbat zu essen. Sie erzählte auch, wie die Marmeladen-gefüllten Ölkuchen dazu passen.. Alle Juden, die in dem kleinen Dorf wohnten, aus dem Sherrys Familie stammt, sind von den Nazis ausgerottet worden.
Und nun ein verlorener Anfang
Im Beruf eines Journalisten gibt es berühmte Fehler. Wenn ein Reporter den wichtigsten Teil einer Story an das Ende setzt, nennt man das einen „verlorenen Anfang“. Und hier kommt einer: Rudi fragte ob jemand noch Fragen oder Kommentare hatte. Großes Schweigen, zumindest vor der ganzen Gruppe. Als wir danach Bücher signierten, kam Dietmar Bergmann, ein Freund von Iso und erzählte zwei Geschichten.
Eine war über Oskar Dirlewanger, der Im Gefängnis saß, weil er zwei Mädchen vergewaltigt hatte. Er wurde durch einen Nazi angeworben und gründete eine SS-Gruppe die aus Schwerverbrechern bestand. Sie waren verantwortlich für den Mord von 100.000 Juden und Anderen in Polen, Rußland und der Ukraine. Dirlewanger wurde von den Alliierten am Ende des Krieges hingerichtet. Dietmar erklärte, dass niemand in Esslingen über ihn sprach und dass er dort unbekannt ist, obwohl überall wonaders das Allgemeinwissen ist und auch im Internet zu finden ist. Wir fragten andere Esslinger am Tisch, ob sie von Dirlewanger gehört hatten. Keiner hatte den Namen gehört.
Julie und Rudi hören Dietmar Bergmann zu
Die Zweite war Dietmars eigene Geschichte. Als wir ihn fragten, was seine Geschichte ist, zeigte er auf sein Gesicht. „Sie mich doch einmal genau an.“ Seine Mutter war Jüdin und floh als sie 14 Jahre alt war. Allein zog sie von einem Ort zum Anderen und das für den ganzen Krieg. Sein Großvater war von den Nazis erschossen worden. Obwohl seine Mutter physisch überlebte, war ihr Beschluß, dass für jedes jüdisches Kind das ermordet wurde, fünf deutsche Kinder sterben müssten.
Dietmar war einer der wenigen Juden, die zu unseren Veranstaltungen gekommen sind. Wie wenige Juden es gab, zeigt wieweit die Nazis mit der Vernichtung der Juden gegangen waren.
Julie Freestone und Rudi Raab sind durch Deutschland mit ihrem Roma Der Stolperstein gereist.