Grossvaters Haus in Leipzig
Nachdem unser Buch Der Stolperstein erschienen war gab es als überraschende Zugabe Treffen mit vielen anderen Autoren, die änliche Bücher veröffentlicht hatten. Mani Feniger schrieb in ihrem Buch Woman in the Photograph wie sie die Kindheitsjahre ihrer Mutter in Leipzig wieder ausgegraben hatte. Im Zuge ihrer Nachforschungen erfuhr sie, dass das Haus in dem sie wohnte, inzwischen abgerissen worden war.
Eine der zentralen Szenen im Roman Der Stolperstein beschreibt Karls und Sarahs Reise nach Leipzig. Sie sind auf der Suche nach Antworten auf Sarahs Fragen, was Karls Familie während der Hitlerjahre getan hat. Dieses Kapitel stammt aus den Erinnerungen von Rudi Raab an das Haus seines Grossvaters.
Hier ist ein Auszug aus dem Buch mit Sarah als Erzählerin:
Er hielt im Eingangsbereich an und sah sich um. „Mensch, sieh dir das doch mal an. Das ist ein Museum. Alles ist noch so, wie ich es in Erinnerung habe! Die Teppiche sind weg, aber die Möbel sind immer noch so, wie sie früher waren. Selbst die Bilder an den den Wänden stammen aus den fünfziger Jahren. Und diese Rahmen sind aus den Zwanzigern!“
Ich sah zu, wie Karl langsam zuerst den Flur und dann das Wohnzimmer besichtigte. Ich folgte ihm in die Küche und war erstaunt über das, was ich sah. Selbst der Herd war antik. Er wurde mit Kohle beheizt und hatte eine eiserne Herdplatte mit Ringen, die man herausnehmen konnte, um die Töpfe direkt auf die Flammen stellen zu können. Die Abstellflächen bestanden aus kleinen achteckigen Kacheln, nicht viel größer als drei Zentimeter im Durchmesser. Einige waren zerbrochen. Auf einem Regal an der Wand standen Keramikschütten für Zucker, Salz, Mehl, Reis, Graupen und so weiter.
Und nun mit Google Earth
Wir haben uns in den 25 Jahren, die wir an verschiedenen Formen des Buches gearbeitet haben, bei der Forschung auf verschiedene Quellen gestützt. Vor kurzem haben wir Mani Fenigers Buch gelesen und erfuhren die Geschichte ihrer Mutter. Wir wurden neugierig und wollten sehen, ob das Haus von Rudis Grossvater noch existiert. Wir haben Google Earth- Streetview zur Hilfe genommen.
Im Bild oben kann man Hermann Raab vor seinem Haus im Jahr 1937 stehen sehen. Rechts ist das Bild von Google Earth. Nach so schweren Bombenschäden ist es eigentlich erstaunlich, imme rnoch Häuser zu sehen, die die Angriffe überstanden haben.
Rudi erinnert sich daran, dass sein Grossvater ihm die neuen Plastik- Regenrinnen gezeigt hatte, die in der kommunistischen Nachkriegszeit installiert worden waren. Sein Grossvater sagte mit einem zynischen Lächeln: “Wenigstens werden die nie verrosten.” Er war sich sicher bewußst, dass sie nie so lange halten würden als Regenrinnen aus Stahl.
Und tatsächlich zeigt das Google-Bild neue Dachrinnen, einen neuen Verputz und Anstrich und auch neue Fenster. Der Zaun ist aber immernoch derselbe.