Rudi gibt endlich zu, warum er diesen Trip wollte
Irgendwo in Deutschland am 14. Mai 2018-07-21
„Gallia omnis divisa est in partes tres.“ (Gallien besteht aus drei Teilen). Das ist der Beginn von Julius Caesars Erzählung vom Krieg gegen die Gallier, die Pikten und die Germanen und übrigens jedes andere Volk das im Wege stand.
Als Julie und ich durch die frühere römische Besatzungszone fuhren, trafen wir die Süd-Pfälzer, die Schwaben und die Bayern und natürlich auch ihre Gerichte.
Obwohl ich Julie mit Engelszungen dazu überredete, die deutsche Ausgabe des Stolperstein zu veröffentlichen, war mein echter Grund eine Gourmet-Reise durch die Gegend, die von Julius Caesar unterworfen war. Natürlich auch weil wir sie von der Steuer absetzen konnten.
Als Julie und ich das erstemal gemeinsam nach Deutschland reisten, das war nach der Öffnung der Berliner Mauer 1990, da konnte man in fast jedem Restaurant gutbürgerliche Küche bekommen. Und hier vermeide ich mit absicht das Wort „Cuisine“. Man konnte Forelle, Stör, Hirsch, Wildschwein, und anderes Wild bestellen. Gerichte, von denen man in Amerika nur träumen kann.
Deutsche Frühstück
Als wir die Speisekarten von den drei deutschen Volksstämmen nun studierten, merkten wir, das Hirsch und Wildschwein und zum großen Teil auch Fische nicht mehr zu finden sind.
Unser erster Lesungstermin war in Steinbach in Schwaben. Der Gastgeber lud uns hinterher zu einem Abendessen ein. Das war in einem italienischen Restaurant. Pizza, Ravioli und Spaghetti. Ich hatte auf Wildschwein mir einer Bratensauce und Spätzle gehofft.
Der nächste Termin war in Leipzig, wo wir eine furchtbare Malzeit in einem Kettenrestaurant aßen.
Wenn ich mal richtig ehrlich sein will, war ich hier eigentlich, abgesehen vom Wildschwein usw. eigentlich nur wegen des Brotes und der Brötchen mit gekochtem Schinken und Salami und vielleicht auch Waldbeerenmarmelade. Alles also, was man in Amerika nicht bekommen kann. Ich wollte also ein echt deutsches Frühstück.
Vor einem Jahr, als wir noch keine Ahnung hatten, dass wir für sechs Wochen nach Deutschland reisen würden, hatte ich mich dazu überredet, 20 amerikanische Pfund anzunehmen. Mein Arzt hat mich gewarnt, dass mein Blutzucker zu hoch sei. Also habe ich Stärken und Zucker aus meiner Diät entfernt. Und nun räche ich mich an mir.
Knusprige Brötchen, duftendes Vollkornbrot, geräucherter Schinken, gekochter Schinken, Salami, Butter und alle möglichen Marmeladen zum Früstück. Kartoffelsalad, Kartoffelklöße, Kartoffel Krusties, Kartoffelbrei, geröstete kleine Kartoffeln, Gurkensalad. Ich genieße alles.
Bisher bin ich vom süßen Gebäck weggeblieben. Ich habe keine Ahnung ob ich das durchhalte.
Schwäbische und österreichische Küche
Aber zurück zu den drei Telen von Gallien: Schwaben sind welbekannt als fleißige arbeitsame Menschen. Und sie benutzen alle Teile der Tiere, die sie schlachten. Ich muß aber zugeben, dass ich bisher noch keinen Ochsenmaul Salat gegegessen habe.
Auch habe ich bisher noch nicht die süd-bayrische süße Kombination von leicht geschmorten Tiereingeweiden, wie Leber, Nieren und Gedärme bestellt. Natürlich sind die verschiedenen Würste weltbekannt. Besonders die Weißwurst. Normalerweise esse ich aus politischen Gründen kein Kalbfleisch, denn ich bin der Meinung, dass eine Kuh ein volles Leben gehabt haben soll, bevor man sie umbringt. Aber, naja, wenn man auf Reisen ist, dann macht man schon mal Ausnahmen.
Und das bringt mich nun auf österreichische Küche. Immernoch kein Wild, aber herrliche Nachtische, und natürlich Schnitzel (Julies Haupt-Nahrungsmittel). Und dann noch Steaks, die neuerdings auch mal „englisch“ gebraten werden.
Ich habe keine Waage dabei. Ich weiß nicht was aus den 20 Pfund geworden ist, aber ein Schuldgefühl kommt langsam in mir auf. Ich blicke auf die Knöpfe meines Hemdes. Ziehen die seitwärts?
Julie und Rudi ernähren sich durch eine 6-wöchige Buchtour mit ihrem Roman Der Stolperstein. Sie würden jeden Vorschlag begrüßen, wenn sie wieder zu ihrem normalen Leben zurückgekehrt sind.