Ein Abzweig auf der Straße: Wir entdecken Geschichte.
Als wir in Richtung Süden von Leipzig losfuhren, sgate ich Rudi, dass wir auf dem Weg nach Würzburg seien. Eine sechs-wöchige Buchtour mit fünfzehn Veranstaltungen zu arrangieren, ist eigentlich noch komplizierter als es klingt, das ist schließlich der Grund warum unsere Resultate etwas gemischt waren. Nachdem wir uns entschlossen hatten, die 6-stündige Fahrt von Leipzig nach Esslingen aufzulockern, schlug Rudi vor, dass wir in Würzburg übernachten sollten. Das ist das nördliche Ende der Romantischen Straße, wo wir vor einigen Jahren eine Radtour veranstaltet hatten. Wir beide hielten das für eine gute Idee. Da wir aber kein preiswertes Hotel finden konnten, haben wir ein Zimmer in Wertheim gebucht.
Jahrhunderte von Geschichte
Wir hatten das eigentlich zwischendurch vergessen, aber unser Navi hat uns dann doch dorthin geführt. Das ist eigentlich ein Zeichen, wie lose wir geplant hatten, aber auch wie erstaunlich relevant unsere Reise für uns wurde.
Als wir schließlich ankamen, hatten wir Schwierigkeiten das Apartmenthaus zu finden. Es war von einer Anzahl von vernachlässigten großen Gebäuden versteckt. Wir wunderten uns ob Expedia vielleicht einen Fehler gemacht hatte und riefen den Wirt an. Er führte uns auf den richtigen Weg. Nachdem wir unser Zimmer belegt hatten, gingen wir auf eine kleine Entdeckungsreise zu Fuß.
Wir fanden schließlich eine Tafel, die die Geschichte dieser Gebäude beschrieb. Sie waren ursprünglich Kasernen eines Fliegerhorstes der Luftwaffe aus dem Zweiten Weltkrieg. Nach dem Krieg war es ein Notlager für Heimatvertriebene und für ehemalige polnische und russische Kriegsgefangene. Danach wurden sie eine Kaserne für die amerikanische Besatzungsmacht.
Das währe eigentlich genug Geschichte. Aber später fanden wir bei der Rezeption eine einfache Broschüre mit einem jüdischen Stern. Es war eine Geschichte der jüdischen Bevölkerung von Wertheim und einer Gedenkstätte in der Altstadt.
Der Schatten der Synagoge
Am nächsten Morgen machten wir uns auf die Suche danach und entdeckten eine große Gruppe von Touristen, die sich in den alten Hof der ehemaligen Synagoge drängten. Ein Reiseführer erklährte ihnen auf englisch die Geschichte des Hofes. Die Synagoge selbst wurde von den Nazis 1938 abgebrannt und niedergerissen. Auf dem Grundstück wurden dann Wohnhäuser erbaut. Als Andenken an die jüdische Gemeinde hatte ein Verein „Pro Wertheim“ die hellen Pflastersteine auf dem winzigen Marktplatz mit dunklen Steinen ersetzt. Sie bilden das Schattenbild der ehemaligen Synagoge auf dem Platz bei untergehender Sonne. Die Broschüre beschrieb auch das „Mikweh“, ein rituelles jüdische Bad, das immer noch unter den Pflastersteinen des Plazes versteckt liegt.
. Wir sahen eine Torarolle, die an ein Fachwerkhaus gemalt war und auch den Namen und Geburts- und Todestag einer jüdischen Frau. Nach den Stadtplan sollte es auch noch einen jüdischen Friedhof geben. Leider konnten wir ihn nicht mehr finden.
Trotz all dem ist die Altstadt von Wertheim eine herrliche mittelalterliche Stadt. Die alten Fachwerkhäuser wurden mit jedem Stockwerk nach oben größer. Das erlaubte es dass große Heuwagen durch die Gassen fahren konnten, gleichzeitig aber die Menschen Raum zum leben hatten. In engen Gassen hatte man das Gefühl in einem Tunnel zu wandern. Trotz allem war Wertheim keine jüdische Stadt. Zur besten Zeit gab es dort 201 Juden. 1933 waren es dann nur noch 109. Nach der Kristallnacht waren es noch 45. Am 22. Oktober 1940 wurden die letzten 19 Juden ins Konzentrationslager verschleppt. Von ihnen haben nur 4 überlebt. Die Nazis hatten Wertheims jüdische Gemende, ihre Kultur und ihre Geschäfte vernichtet.
Einige Einwohner haben eine Organisation gegründet, um an die jüdischen Mitbürger von Wertheim zu erinnern. In der Broschüre steht, dass sie Spenden begrüßen „zum Gedenken und zur Warnung gegen Völkermord.“
Julie Freestone und Rudi Raab berichten von ihrer Buchtour mit ihrem Buch Der Stolperstein . Es ist auch auf englisch als Stumbling Stone erhältlich.