Die Paparazzi folgen uns: Na, vielleicht nicht so ganz
Irgendwo in Deutschland, 14. Mai 2018
Als ehemalige Reporterin und Pressesprecherin hat Julie viel Öffentlichkeitsarbeit gemacht. Sie hat auch vielen Leuten beigebracht, wie man mit den Medien arbeitet. Sie hat Experten in verschiedenen Gebieten beigebracht, wie sie ihre Reden organisieren mußten, um überzeugend zu wirken und zu versichern, dass ihre wichtigen Punkte in der Presse Niederschlag fanden.
Auf der Buchtour sind wir nun an der anderen Seite des Tisches.In Amerika hatten wir ein paar bescheidene Erfolge mit unserer englischen Version des Romanes Der Stolperstein. Wir hatten ein paar Radio Interviews, wurden auch ein paarmal von der Druckpresse interviewed. Sicher waren da auch ein paar andere Sachen, die wir schon längst vergessen haben. Das alles begann, nachdem wir im Juni 2015 unsere Webseite veröffentlicht hatten und das ging dann für die nächsten zwei Jahre auf Sparflamme weiter.
Mit der deutschen Version des Romanes hatten wir bei der Veröffentlichung unserer deutschsprachigen Webseite eine Pressemitteilung verteilt, die aber auf kein Interesse stieß. Das lag sicher daran, dass wir keine Ahnung hatten, wie wir vorgehen sollten. Wir verteilten Pressemitteilungen an jeden Organisator unserer Lesungen. Wie dem auch sei, hier auf unserer Buchtour war bei fast jeder Veranstaltung ein Reporter anwesend. Die Größe der Stadt spielte dabei keine Rolle. Und wir haben schon einige dieser Stories gelesen.
Julie spricht ja kein Deutsch, also kann sie nicht garantieren, das das Wichtigste auch effektiv mitgeteilt wird.Als wir Stumbling Stone in den USA herausbrachten, haben wir Rollenspiel geübt. Wir haben uns gegenseitig schwierige Fragen gestellt, um die Antworten zu entwickeln.
Für die deutsche Buchtour haben wir das nicht getan, denn wir dachten, wir brauchten das nicht. Wir dachten sehr naiv, dass wir wohl die gleichen Fragen bekommen würden und die Antworten nur in einer anderen Sprache sein würden.
Wo ist die Pressemitteilung?
In Altenkustadt, einer Gemeinde von 3.000 Einwohnern, fragte der Reporter uns, ob wir eine Pressemitteilung hätten. Haben wir. Leider aber nicht bei uns, denn die hatten wir an den Veranstalter geschickt. In unseren Augen war die Pressemitteilung dazu da, das der Veranstalter die Lesung bekanntmacht, damit genug Zuhörer kommen.
In Julies beruflichem Leben, hat sie nie das Haus verlassen, ohne ein paar extra Pressemitteilungen in der Tasche zu tragen, falls sie auf einen Reporter trifft, der nicht die geringste Ahnung des Themas hat. Das ist ihr einige male passiert. Später fand sie dann heraus, dass der Reporter die gesamte Pressemitteilung zu seinem Artikel umgebaut hatte.Wir hatten für diesen Reporter keine Mitteilung, Rudi ließ ihn aber den Rückendeckel des Buches abschreiben. Das wurde dann zum Kern des Artikels.
Junge trifft Mädchen
Der letzte Artikel in Bosco Nach(t)kritik aus Gauting nennt unsere Geschichte „Junge trifft Mädchen“. Eine Liebesgeschichte ist es sicherlich, aber wenn wir „Junge und Mädchen“ sind, als Karl die Sarah trifft, dann könnten wir uns gut vorstellen, dass wir jetzt so ungefähr 40 Jahre alt sich. Vielleicht haben wir irgendwo einen Jungbrunnen entdeckt.
Sabine Zaplin schrieb in ihrem Artikel, dass usere Lesung eine Mischung von freiem Gespräch und formeller Lesung war. Unsere Powerpoint Präsentierung war für sie wie die Öffnung eines Familien Fotoalbums. –Eigentlich keine schlechte Beschreibung, denn viele Bilder kamen aus unseren Alben. Sowohl Julies Vater als auch Rudis haben die Familien langzeitlich posieren lassen und wir mußten vortäuschen, dass wir beim Lächeln keinen Muskelkater im Geschicht bekamen.
Zaplin beschrieb außerdem die Rolle von Rebecca Rust mit ihrem Chello und Friedrich Edelmann mit dem Fagott als musikalische Antwort zum Dialog zwischen Julie und Rudi. Als sie dann mit einer Zuhörerin sprach, sagte sie dass sie unseren Humor sehr gern hatte. Das stimmt schon. Obwohl das Thema die Ermordung eines politisch Andersgesinnten war, versuchen wir das sprachlich aufzulockern.
Eine Entdeckungsreise in die Braune Zeit
Nicht alle hielten die Liebesgeschichte für das Wichtigste. Der Reporter für das Obermann-Tageblatt in Altenkunstadt hielt die Lesung für eine „Entdeckungsreise in die Braune Zeit“. Wir nehmen an, dass er damit die braunen Hemden der SA meint. „Eine bemerkenswerte Geschichte von einem jungen Deutschen, der sich geweigert hat, sich den Nazis anzuschließen“. Der Reporter schrieb auch, dass die Zuhörer zumeist daran interessiert waren, warum Gerhard nicht gerettet wurde. „Der junge Mann, den die Nazis zu schweigen bringen wollten, bekam nun eine laute Stimme.“Der Musiker Friedrich Edelmann, der uns mir seiner Frau Rebecca Rust auf der Tour begleitete sagte, dass es besonders wichtig sei, dass Dr. Karl-Georg Berg, Chef des Feuilleton von RHEINPFALZ- Landau/Pfalz einen großen Bericht mit Fotos veröffentlichte. Friedrich sagte uns auch, dass es einen großen Bericht im FOCUS Online gab. Nach seiner Meinung ist das das wichtigste Online Magazine neben dem Spiegel. (Um Gottes Willen!)
So, was ist nun eigentlich die Endsumme? Natürlich ist es erfreulich dass die Presse unsere Geschichte veröffentlichte. Das Beste aber ist, dass jeder, der die Geschichte in der Zeitung ließt, nun die Geschichte Gerhards kennt. Hier sind noch mehr Zeitungsartikel.
Julie Freestone und Rudi Raab fuhren durch Deutschland auf einer Buchtour für Der Stolperstein, der deutschen Version ihres Romanes Stumbling Stone. Zwar werden sie nicht von der Presse verfolgt, sie freuen sich aber über das Echo in den Zeitungen.